Für die Immobilienbranche war das Jahr 2023 bisher kein einfaches. Steigende Finanzierungskosten sowie eine negative Preisentwicklung belasten den Markt und stellen selbst etablierte Immobilienmakler vor neue Herausforderungen.
Die fetten Jahre sind vorbei
Das letzte Jahrzehnt lief prächtig für die Bau- und Immobilienbranche, wodurch eher „Business as usual“ angesagt war anstelle von einem Aufbruch in Richtung Zukunft, ganz zu schweigen von der Adaption digitaler Trends. Der bevorstehende Wandel hin zu einem Käufermarkt stellt die Immobilienmakler und Projektentwickler nun vor neue Herausforderung und weckt Fragen: Wie sieht der Immobilienvertrieb in Zukunft aus? Wie können Geschäftsprozesse optimiert werden? Wie kann das Verkaufserlebnis gesteigert werden? Wie hebe ich mich von der Konkurrenz ab?
Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit
Der Schlüssel zur Bewältigung der neuen Marktbedingungen könnte im digitalen Wandel liegen. Der „Emerging Trends in Real Estate“ Report 2023 von PwC zeichnet ein Bild von vorsichtigem Optimismus unter den befragten Unternehmen. Die aktuelle Krise wird genutzt, um sich am Markt neu zu positionieren, neue Absatzmärkte zu identifizieren, Kosten zu reduzieren und die eigene Effizienz zu hinterfragen. Dazu gehört auch eine entsprechende Digitalisierungsstrategie sowie die Nutzung neuer Technologien wie Generative AI und Immersive Technologies in der Immobilienbranche.
Unternehmen nutzen das Metaversum als Wachstumsstrategie
Laut Statista steht der gesamte Metaverse Markt erst am Anfang und das Marktvolumen in Deutschland soll sich in den nächsten sieben Jahren von aktuell 2 Milliarden Euro (2023) auf knapp 19 Milliarden Euro vervielfachen. Angesichts dessen ist es kein Wunder, dass technikaffine Unternehmen das Metaverse als nächste große Plattform für sich entdecken und damit beginnen eigene Lösungen und Konzepte zu realisieren.
Abbildung 1: Prognose Metaverse Marktentwicklung bis 2030 (Quelle: Statista)
Insbesondere die hohe Interaktivität und Interoperabilität sind Mehrwerte gegenüber bestehenden zweidimensionalen Plattformen. Von Nutzern, die miteinander kommunizieren und interagieren, bis hin zum Einkaufen und Anprobieren von Kleidung. Die Möglichkeiten in einer dreidimensionalen Umgebung sind endlos und bieten eine natürlich Erweiterung zur Realität. Einige Beispiele aus der Vergangenheit zeigen, dass eine richtige Metaverse Strategie trotz des jungen Marktes großen Erfolg haben kann. So konnte Adidas mit seiner digitalen NFT-Kollektion „Into the Metaverse“ innerhalb von Sekunden 30.000 NFTs für über 23 Millionen Dollar verkaufen. Das Besondere an der Aktion ist die Kopplung des digitalen Tokens an ein physisches Produkt. Die Eigentümer erhalten die Produkte entweder direkt nach Hause oder können sie im Geschäft abholen, in dem sie ihr NFT als Besitznachweis vorzeigen. Adidas größter Konkurrent Nike hat durch die strategische Übernahme des Unternehmens RTFKT bisher über 185 Millionen US-Dollar mit seinen NFT Kollektionen umgesetzt und ist damit ein absoluter Spitzenreiter in der Kommerzialisierung seiner Metaverse Strategie.
Das Metaverse-Wachstum wird durch technologische Innovationen wie Mixed Reality, künstliche Intelligenz, Blockchain, 5G und Edge-Computing angetrieben. Faktoren wie die Verbreitung von Metaverse-Plattformen, die Beliebtheit von virtuellen Aktivitäten in Sozialen Medien und Gaming, personalisierte Nutzererfahrungen, der Einsatz von virtuellen Währungen und neue Geschäftsmodelle tragen ebenso dazu bei. Live-Streaming und Online-Transaktionen fördern dieses Wachstum zusätzlich. Experimente und fortschrittliche Hardware wie VR/AR-Headsets und haptische Geräte werden die Zukunft des Metaverse maßgeblich prägen. Dazu gehören insbesondere die Fortschritte des Unternehmens Meta (ehemals Facebook) bei der Entwicklung der notwendigen Hardware sowie der bevorstehende Release der Apple XR-Brille Vision Pro.
Die Immobilienbranche kann von diesen Entwicklungen nur profitieren, indem sie diese Technologien integriert und neue Geschäftsmodelle entwickelt. Beispielsweise kann die Verwendung von Virtual und Augmented Reality virtuelle Hausbesichtigungen ermöglichen, während Blockchain und virtuelle Währungen sichere und transparente Immobilientransaktionen fördern könnten. Personalisierte Nutzererfahrungen können dazu beitragen, potenziellen Käufern maßgeschneiderte Immobilienangebote zu präsentieren, was besonders für den Neubau Markt neue Möglichkeiten eröffnet.
Goldgräberstimmung im virtuellen Immobilienhandel
In den letzten Jahren hat sich auf Plattformen wie Decentraland und Sandbox ein blühender Markt für virtuelle Immobilien entwickelt. Nutzer können virtuelle Grundstücke kaufen, verkaufen, vermieten oder mieten – ähnlich wie in der realen Welt. Dieser Markt wird größtenteils durch NFTs (Non-fungible Tokens) und Kryptowährungen angetrieben, die ein hohes Maß an Sicherheit und Transparenz bieten.
Derzeit ist Decentraland wohl das bekannteste moderne Metaverse mit Blockchain Technologie und bietet seinen Nutzern eine Plattform, um digitale Immobilien zu kaufen und zu verkaufen, zu erkunden, damit zu interagieren und virtuelle Gebäude und Experiences zu bauen. Die Decentraland Foundation wurde 2015 gegründet und das Initial Coin Offering (ICO) des Projekts im Jahr 2017 brachte damals rund 26 Millionen US-Dollar ein. Heute beträgt die Marktkapitalisierung über 717 Millionen US-Dollar. Decentraland hat durch seinen im Vergleich hohen Reifegrad in der Vergangenheit sehr viele Spekulanten angelockt und das Makler Business in das Metaverse gebracht.
Am 25. November hat das Unternehmen Metaverse Group ein Stück virtuelles Land in Decentraland für 2,43 Millionen Dollar gekauft, um darauf Fashion Shows durchzuführen und eine Plattform für die wachsende digitale Fashionindustrie zu bieten. Seitdem gibt es in Decentraland eine jährliche Fashion Week, bei der bekannte Marken wie D&G, Prada, Gucci, Chanel, Nike, Hugo Boss und Tommy Hilfiger ihre virtuellen Kollektionen präsentieren.
Eine neue Realität für Immobilienmakler
Das Metaverse kann jedoch nicht nur für die Vermarktung von virtuellen Immobilien genutzt werden, sondern bietet auch die Möglichkeit, physisch existierende Immobilien in Kombination mit einer neuen Käufer Experience zu vermarkten. So kann zum Beispiel eine vollständig personalisierte, virtuelle Tour durch den digitalen Zwilling einer Immobilie ermöglicht werden. Diese ist nicht nur äußerst detailreich und interaktiv gestaltet, sondern kann auch zu jedem beliebigen Zeitpunkt von jedem Ort der Welt aus durchgeführt werden. Das klassische Maklergespräch findet dabei in Echtzeit innerhalb des Metaverse statt. Nebenbei können potenzielle Käufer bereits Einrichtungsgegenstände oder Raumverteilungen nach ihren Wünschen verändern und so ein tiefergehendes Gefühl für die Immobilie entwickeln. Auch der Vertragsabschluss könnte im Metaverse stattfinden – mithilfe von Smart Contracts und Kryptowährungen.
Die Vorteile für Immobilienmakler und Kunden liegen auf der Hand: Die Kommunikation wird vereinfacht, das Kundenerlebnis verbessert und neue Kundensegmente können erschlossen werden. Im Metaverse sind Besichtigungen nicht mehr durch geografische Grenzen oder Zeitpläne eingeschränkt und es bietet eine nahezu grenzenlose Vielfalt an Möglichkeiten zur Personalisierung und Interaktion.
Doch um diese Potenziale zu nutzen, muss die Immobilienbranche sich weiterentwickeln und bereit sein, neue Technologien und Geschäftsmodelle zu adaptieren. Die Einführung von Virtual und Augmented Reality, Kryptowährungen und Blockchain, künstlicher Intelligenz sowie die Ausarbeitung einer Metaverse-Strategie erfordern erhebliche Investitionen, sowohl in Bezug auf Finanzen als auch in Bezug auf Zeit und Weiterbildung.
Trotz der Herausforderungen ist klar, dass das Metaverse die Immobilienbranche revolutionieren wird. Wer den Sprung ins digitale Zeitalter wagt und die Chancen, die sich durch das Metaverse ergeben, erkennt und nutzt, kann sich auf eine spannende und lukrative Zukunft freuen. Schließlich zeigt die Geschichte, dass derjenige, der die Zeichen der Zeit erkennt und rechtzeitig auf neue Trends setzt, am Ende als Gewinner hervorgeht.
Das Metaverse birgt daher nicht nur für große Unternehmen, sondern auch für Immobilienmakler und Projektentwickler enormes Potential. Es eröffnet neue Wege und Möglichkeiten in der Vermarktung und im Vertrieb von Immobilien und ermöglicht es, eine neue Art von Kundenbeziehung zu etablieren, die auf Interaktion und individueller Gestaltung basiert. Gleichzeitig kann es zu einer effizienteren und transparenteren Immobilienbranche beitragen, in der digitale Innovationen und Geschäftsmodelle zum Standard gehören.